MUSIK IM RAUM - 2022
Konzertreihe
: 2022 - Bruch und Fragment

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Bruch und Fragment: zwei Begriffe deren spontane Assoziationsfelder eher im Negativen angesiedelt zu sein scheinen. - Oder ist das nicht zu kurz gegriffen?
BRUCH
Der Bruch - im Sinne eines tatsächlichen Brechens/Zerbrechens eines Ganzen in zwei oder mehrere Teile – ist verbunden mit Motiven der Verletzung, Zerstörung. Er verlangt spontan nach Heilung oder zumindest Reparatur. Bricht das Ding, der Körper oder die Psyche, ist das Ganze und sein Funktionieren in Frage gestellt.
Im übertragenen Sinn tragen Brüche erhebliche Potentiale in sich. Mit jedem Bruch ist das Aufbrechen einer definierten Form oder das Verlassen einer geschlossenen, gewohnten oder erwarteten Struktur, Gestaltung etc. verbunden. Brüche stellen scheinbar festgelegte, unwandelbare oder rituelle Abläufe in Frage. Sie konterkarieren das Erwartbare. Innerhalb eines musikalischen Geschehens bieten Brüche unendliche Möglichkeiten des Infragestellens, des Innehaltens, des Neustarts etc.
FRAGMENT
Das Fragment zeigt eine Verwandtschaft zum Bruch. Das Fragment bezeichnet das Unfertige, Unvollendete. Es kann durch äußere und innere Umstände „erzwungen“ sein. Häufig wird es als Fehlstelle oder (schmerzhafte) Lücke wahrgenommen. Andererseits kann das Fragment bewusst gestaltet werden. Die im Fragment liegende Offenheit und Unabgeschlossenheit des Werks oder der Form eröffnet die Frage des „Wie weiter?“ Was wäre noch gekommen, welchen Schluss oder welche Lösung hätte das Werk gefunden/formuliert? Oder gibt es schlicht kein Weiter?
In einer Welt, in der das totale Erfassen aller Lebenswirklichkeiten und Existenzen nicht nur möglich, sondern vielfach Realität geworden ist, wirkt das Fragmentarische verstörend. Algorithmen ergänzen und vervollständigen selbst die uns unbekannten, fragmentarischen Ränder des eigenen Seins. Zugleich, wendet man den Gedanken ins Positive, öffnet das Fragmentgebliebene einen Restraum jenseits von Perfektion und Kontrolle. Das Fragment markiert den utopischen Freiraum des Unfertigen.
Vielleicht werden wir schon in naher Zukunft mit einer gewissen nostalgischen Melancholie an jene Zeiten zurückdenken, in denen wir noch Fragment sein konnten und durften.
Die eigentümliche Melancholie des Fragments rührt nicht zuletzt von der „Verletzlichkeit“ jeder nicht abgeschlossenen Form. Einem Vanitas-Motiv gleich erinnert das Fragment an unsere „unfertige“, nicht erfüllte oder zum Abschluss gebrachte, fragile Existenz. Allen Algorithmen zum Trotz.





MIR
Programm 2021 im Detail (jpg)
MIR
Programm 2021 (pdf)








NATURE_to[u]nes
Je mehr wir über Natur reden, je mehr Diskurse wir über die
Gefährdung und den Verlust von Natur führen, desto weiter scheinen
wir uns von ihr zu entfernen. Der naive Blick auf das, was wir
Natur nennen oder auch das einfache In-der-Natur-sein werden
zunehmend zum kollektiven und individuellen Problem. Seit der
Mensch - beginnend mit der Industrialisierung - verstärkt
natürliche Räume beherrscht, zurückdrängt, ökonomisiert oder gar
vernichtet, spielen Substitute des Natürlichen eine immer größere
Rolle. Sie werden zu Rückzugs- und Ersatzorten für unsere
Sehnsüchte: Gärten, Balkonkästen, Stadt- und Nationalparks,
Urlaubsdestinationen, Trekkingrouten.
Ein untrügliches Indiz für jede Art von Verlust ist das Eindringen
eines Themas in kulturelle Praktiken. Natur war seit der Antike
„Maßstab“ und Vorbild für künstlerische Produktion. Doch
spätestens seit der Zeit um 1800 wird die Natur kulturell mit dem
Moment der Sehnsucht, dem Motiv des drohenden Verlustes belegt.
In der Musik lassen sich verschiedenste Tendenzen und Methoden
erkennen, mit dem, was der Mensch als Natur identifiziert,
umzugehen. Imitation natürlicher Laute und Klänge,
impressionistische Aneignung und Umdeutung, die
klanglich-musikalische Übersteigerung von Naturerfahrung (man
denke an R. Strauss „Alpensinfonie“) bis hin zum
musikalisch-inszenatorischen „Dialog“ mit der Natur: die Vielzahl
der Möglichkeiten ist nahezu unendlich.
MIR möchte in seinem Konzertprogramm „NATURE_to[u]nes“ nicht nur
auf Widersprüche im Umgang mit Natur hinweisen. Es geht weniger um
den moralischen Zeigefinger als um das Aufzeigen von Phänomenen
und Widersprüchen. Einer der ambivalentesten Räume im Umgang mit
Natur ist die Stadt. Die Konzerte werden in Grünräumen der Stadt
und deren Rändern stattfinden, um die skizzierten Widersprüche
unmittelbar hör- und sichtbar werden zu lassen. Und es geht –
natürlich – um den Klang der Natur, seine Schönheit, klangliche
Reize, akustische Synergien und – dann doch – dem musikalischen
Dialog mit besonderen Orten in der Stadt. Dass die Konzerte sich
in der wohlbekannten Sphäre der „Ersatzhandlungen“ bewegen werden,
ist den Ausführenden durchaus und schmerzlich bewusst.


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Programmfolder 2020 zum Download
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pdf
Im Herbst/Winter 2020 finden unter dem Jahresthema
PARERGA_nebenspiele fünf Veranstaltungen an wechselnden Orten in
Linz statt (Eintritt frei!):
So. 1. Nov 2020 / 19 Uhr > Stadtpfarrkirche Urfahr, LINZ
(Schulstraße 2, beim AEC)
... AUS ANDEREN RÄUMEN / ... IN DEN HÖHEN SIMURGHS
So. 8. Nov. 2020 / 11 Uhr > Nordico Stadtmuseum, LINZ
(Dametzstraße 23)
SOUND MAPS (verschoben - ein neuer Termin ist in Vorbereitung)
So. 22. Nov. 2020 / 19.30 Uhr > afo Architekturforum OÖ, LINZ
(Herbert-Bayer-Platz 1)
DAFFODIL (verschoben auf den 20.12.2020, 19h30)
Di. 1. Dez. 2020 / 21 Uhr > Stadtpfarrkirche Urfahr, LINZ
(Schulstraße 2, beim AEC)
HIMMELSWERKE
So. 27. Dez. 2020 / 19 Uhr > Galerie ‚Die Kunstschaffenden‘,
LINZ (im OÖ Kulturquartier)
NEBENSPIELE
Es gelten die jeweils aktuellen Covid-19-Bestimmungen für
Veranstaltungen (u.a. Abstandsregeln, Registrierungspflicht,
Teilnehmerbeschränkungen). Bitte eigenen Mund-Nasen-Schutz zu den
Konzerten mitbringen!
MIR Archiv (leider immer noch in Arbeit)
MIR
Programm 2019 (pdf)